06:00 Uhr: Die Sonne ist aufgegangen und wir schwingen uns aus den Federn. Vor unserer Abreise haben wir noch ein bisschen was zu tun. Unter anderem wollen wir nochmal Müll an Land fahren. Wir sind uns nicht sicher, wie in Domenica das Thema behandelt wird. Ob es angenommen wird und wenn ja zu welchem Preis. Also wuseln wir in nächsten Stunden vor uns hin (Müll wegfahren, Beiboot an Deck verstauen, abspülen, aufräumen, LazyBag fur das Großsegel öffnen, usw.). Ich bin immer wieder erstaunt, wir schnell die Zeit vergeht und auch wieviel Zeit wir letztendlich brauchen, um Segel klar zu werden.

Noch vor Anker ziehen wir das Groß ins erste Reff, heben danach den Anker und tuckern unter Motor aus dem Ankerfeld heraus. Die Wind liegt bei 15 Knoten, so dass wir gleich die Fock ganz ausziehen und den Motor ausschalten. Die Bucht zieht langsam an uns vorbei. Am nördlichen Ende kommen wir in die Abschattung des Mount Pelee und der Wind geht schlagartig von 15 auf 2 Knoten runter. Mit dem wenigen Wind können wir nicht segeln, also schmeißen wir den Motor wieder an. Die folgende Gebirgskette führt dazu, dass wir die ganzen Zeit mehr oder weniger Abschattung oder Fallwinde aus unterschiedlichen Richtungen (nur nicht aus der gewünschten Richtung Ost) haben. Als wir die Landabdeckung langsam verlassen, kommt auch der Wind wieder. Erst mit zarten 10 Knoten und dann steigert er sich auf 17-20 Knoten aus Richtung Ost. Juhu, genauso wollen wir den Wind. Die Segel werden vom Wind angeströmt, Pico kränkt sich ins Lee und ab geht die Post. Wie auf Schienen schneidet sie durch Wasser. 90 Grad zum Wind, der Paradedisziplin von Pico, erreichen wir fast Rumpfgeschwindigkeit, sprich die Maximalgeschwindigkeit. So macht Segeln richtig Spass, Mit 7,5 Knoten über Grund gleiten wir durch Wasser.

Steuermann für die Überfahrt ist Rotkäppchen, unsere Windfahnensteuerung. Sie hält den gewünschten Kurs zum Wind und steuert uns Richtung Nord. Das rote Segel wird vom Wind bei Abweichungen gekippt. Das wird über eine Mechanik an das im Wasser befindliche Ruder weitergegeben, dass dann in eine bestimmte Ricting ausschlägt und das Boot in die wünschte Richtung navigiert. Das Ganze braucht nur Wind aber keinen Strom.

Unsere Überfahrt nach Domenica vergeht wie im Flug. Auf unseren Weg begegnen wir anderen Segelbooten. Sie sind nach Süden unterwegs. Wir beobachten Vögel, die unweit unseres Boots jagen. Sie stehen auf der Stelle und halten Ausschau, auf den richtigen Augenblick wartend. Wenn dieser kommen ist, stürzen sie ins Meer. Nach einem kurzen Moment kommen sie wieder an die Wasseroberfläche. Dann beginnt das Spiel wieder von vorne. Manchmal werden die Stürzflüge kurz vor der Wasseroberfläche abgebrochen. Anscheinend ist die Beute außer Sicht gegangen.

Domenica wurde 09/2017 vom Hurrikan Maria schwer getroffen. Er hatte die Stärke 5, als er das Land erreicht hat. Das ist der aktuell größte Wert auf der Hurrikan- Skala. Windgeschwindigkeiten größer als 251 km/h werden dann gemessen und das Wasser steigt mindestens über 5,5m über das normale Niveau. Ein Flugzeug am Frankfurter Flughafen braucht ungefähr 200 – 260 km/h, um abzuheben zu können. Da hätten sie aus dem Stand heraus losfliegen können.

Viele Häuser, die Infrastruktur und der Regenwald wurden weggeblasen. Von weitem sehen wir die Insel auf uns zukommen. Sie wirkt in ihrem grünen Kleid unauffällig. Als wir den südlichen Punkt, Scotts Head genannt, hinter uns lassen, schauen wir gespannt auf die Küste. Die Insel ist ganz klar vulkanischen Ursprungs. Von den Bergen und Hügeln wirkt das Land zerklüftet, Kämme und tiefe Furchen winden sich runter an die Küste. Die Häuser sehen wie bunte Tupfen an der Küste aus. Je näher wir der Insel kommen, desto mehr sieht man die Auswirkungen von „Maria“. Es ist grün, aber ein Regenwald ist das nicht. An den Hängen und auf den Kämmen ragen vereinzelt Bäume in die Höhe. Von vielen sieht man auch nur den Stamm als hellbraunen Stift nach oben ragen. Als hätte ein Rasenmäher beim Trimm nicht ordentlich funktioniert und einzelne Stoppeln übrig gelassen. Von unten wächst es also bereits nach, aber Bäume sind hier Mangelware. Zum Zustand der Häuser lasst sich auf die Entfernung wenig sagen. Sie könnten vollständig erhalten bzw. wieder aufgebaut sein oder aber noch halb abgerissen vom Sturm sein.

Wir fahren nach Roseau, dort werden wir spätestens den Zustand von Land und Leuten besser beurteilen können.

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